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Leserbrief

Schafsuche unter schwierigen Umständen, mit glücklichem Ausgang von Sepp Rauch, Zell am Ziller

Mittwoch, 13. Dezember 2023

Schafsuche unter schwierigen Umständen, mit glücklichem Ausgang

von Sepp Rauch, Zell am Ziller

Auf Grund der ergiebigen Schneefälle der letzten Zeit bewog es mich, diesen Beitrag den geschätzten Lesern zu Papier zu bringen und aufzuzeigen, wie widrige Umstände, verbunden mit vielen Strapazen, mir bald das Leben gekostet hätte.

Es war im Jahr 1944 am 24. September als es in der Nacht, für die Jahreszeit ungewohnt, Schnee bis in die Tallagen gab. Die Schafe wurde am 8. des Monats, dem kleinen Frauentag, von den großen Schafalmen gebracht und den einzelnen Besitzern übergeben. Nach der herbstlichen Schafschur wurden sie von einzelnen Bauern bis zum Wintereinbruch auf die zur Verfügung stehenden Heimweiden getrieben. Die Bauern vom Innerberg, der Agrargemeinde Finkenberg, stand das Gebiet zwischen Grünbergalm und dem Elsalmgebiet zur Verfügung. Der Auftrieb begann bei der Steigebenalm, wo sie bergwärts dann sich selbst überlassen blieben. Blieb die Witterung günstig, konnte das noch Wochen dauern und die Schafe suchten dort ihr Futter solange es die Witterungsverhältnisse erlaubten.

Im Normalfall liegt es in der Natur dieser Vierbeiner, dass sie bei so einem Wettersturz den Weg ins Tal antreten. In jenem  Jahr ließ auch der den Schafen angeborene Warndienst sie im Stich. Schnee fiel bis ins Tal und von den Vierbeinern war in Talnähe weder was zu sehen noch zu hören.

An diesem 24. September nach einem frühen Mittagessen beschlossen die Schafbauern eine gemeinsamme Suche zu starten. Flaschbar Hermann, Broandstadt Alfred und meine Wenigkeit waren dazu auserkoren. Wir teilten uns die Aufstiegsmöglichkeiten ein, in der Hoffnung, dass die Vierbeiner eine dieser Möglichkeiten ins Tal zu kommen nutzen würden. Alfred nahm die Strehbodenrinne, Hermann die Nudlerrinne und mir blieb der Lachtlbruchgraben. Auf der Lachtalalm war der gemeisamme Treffpunkt geplant. Obwohl ich den  längsten und schwierigsten Aufstieg hatte, war ich allein bei der besagten Lachtalhütte. Ich fand im ganzen Almgebiet keine Spuren von meinen Mithelfern. Ich fing an zu rufen, alles ohne Erfolg. Es fiel mir schwer zu glauben, dass sie die Suche vorzeitig abgebrochen hätten ohne mit mir Kontakt aufzunehmen. Ich wartete, fing dann an alleine weiterzusuchen, ich traute mich nicht erfolglos den Heimweg anzutreten. „Ich war ja nur ein Dienstbote“. Der Umweg über die Alm auf den Weg zur Rähte war mir zu weit, und so nahm ich die Abkürzung hinter dem Stall über die Lärchenrinne.

Kaum hatte ich den Fußweg am Rand  der Räthtwand erreicht, passierte mir die Malheur. Ich trat mir selbst eine Lawine ab. So wie es einem als Kind gelehrt wurde, habe ich mich mit Ruderbewegungen an der Oberfläche dieses Schneerutsches halten können. Alles ging gut, „der Heilige Schutzengel und die Himmelsmutter möge mir geholfen haben“. Den Bergstock hatte ich verloren und war für mich unerreichbar, und der linke Fuß war bis an die Wade in dem harten Schnee wie einbetoniert. Zum Glück hatte ich ein Taschenmesser, mit dem konnte ich meinen Fuß befreien. Den Weg über die nun aperen Lärchenrinne setzte ich jetzt mit Leichtigkeit  fort und erreichte die Räthwand und ging Richtung unteres Seekar weiter. Nirgendswo eine Spur vom Läuten eines Glöckchens oder ein Blöcken eines Schafes. Von dort hatte ich einen Blick auf die Elsalm. Dort war ein Mann mit einer Herde Schafe unterwegs. Erst nach Tagen brachte ich in Erfahrung, es war der Moslau Lois, der mit den Gaßegg und Moslau Schafen mit der selben Aufgabe betraut war.

Fast schon entmutigt trat ich meinenen Rückweg an. Etwas oberhalb meines Hinweges kam ich an einen Latschenfeld vorbei und „schickte ein Stoßgebet zum Himmel.“ Unter den Latschen hörte ich ein Schafglöcklein pimmeln – die Krapfen- und die Jagerschafe kamen auf mein Locken zum Vorschein.

Als ich mit meinen Findlingen den Abstieg zur Lachtlalm ging, sah ich auf einmal eine große Schafherde im Bereich des „Lachtalspitzes auftauchen. Mit Riesenfreude konnte ich gleich feststellen, es war die Joch- Flaschbar- und Broanstadtschofe. Mit ca. hundertfünfzig Stück dieser Vierbeiner konnte ich meinen Abtrieb allein, aber frohen Herzen beginnen. Mit dieser großen Herde war dieser Abtrieb mit viel Umsicht und Mühe verbunden, aber mich erfüllte es mit einem gewissen Stolz, dass ich dies alles im Alleingang und mit „Gottes Hilfe“  schaffen hab können. 

Die Steigebenalm erreicht, hörte ich vom Gasthaus „zum Krapfen“ die Musik spielen – „der Jagr Ferdl und Sinal“ haben am 24. September 1944 ihre Hochzeit gefeiert.

An der Steigebenalm kamen mir meine erfolglosen Schafsucher mit etwas schlechtem Gewissen entgegen und versuchten, sich für ihr Fehlverhalten zu entschuldigen. Für den Grund ihrer Suche nach den Schafen und mir hab ich der der Jungen „Krapfenwirtin der Anna“ zu verdanken. Am späteren Nachmittag, als sie sich zur Hochzeitgesellschaft begaben, fragte sie die Zwei, wo denn Sepp und die Schafe geblieben seien. Ihre Ausrede war, sie haben geglaubt ich hätte die Schafe schon gefunden. Die Wirtin war erbost und sagte ihnen: „Ihr macht euch sofort auf den Weg und sucht nach dem Sepp“!

Das rettende Taschenmesser und ein „Gütiger Heiliger Schutzengel“  haben mich vor Schlimmeren bewahrt.

Die zwei erfolglosen Sucher, Hermann von seinem Vater „Flaschber Ludwig und Alfred von seinem Onkel, mussten sich einiges an Kritik anhören und sie sollten sich beim Sepp entschuldigen und ihm danken!

Dies ist eine harte aber lehrreiche Geschichte – ich war noch nicht einmal 16 Jahre, aus meiner nicht immer leichten Jugend und Arbeitsleben, das vielleicht manchen jungen Lesern  zum Nachdenken anregen soll. 

Abschließend allen Lesern die diese Zeilen sich zu Gemüte führen ein frohes, glückbringendes und gesundes Weihnachtsfest, viel Gesundheit und „Gottes Segen im neuen Jahr 2024“.

Zillertaler Zeitung

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