In der Praxis stellt sich immer wieder die Frage, ob das Land Tirol zur Übernahme der Heimkosten für den Bewohner eines Pflegeheimes auch dann uneingeschränkt verpflichtet ist, wenn dem Bewohner ein Fruchtgenussrecht an einer Liegenschaft zukommt, sodass ihm auch die Einnahmen aus der Vermietung dieser Liegenschaft zustehen. Beinahe kein Heimbewohner ist ja finanziell in der Lage, die Heimkosten zur Gänze selbst abzudecken und somit auf die Hilfeleistung durch das Land Tirol angewiesen.
Dazu RA Mag. Markus Greller: “Wenn der Heimbewohner ein Fruchtgenussrecht an einer Liegenschaft hat und er diese vermietet, so muss er diese Einkünfte selbstverständlich zur Finanzierung der Heimkosten heranziehen. Wenn aber keine Vermietung erfolgt, stellen sich oft mehrere Fragen. Z.B.: Muss sich der Heimbewohner „mögliche“ Einkünfte aus der Vermietung anrechnen lassen, wenn die Liegenschaft etwa aufgrund ihres Zustandes nicht vermietbar ist und die Vermietbarkeit erst durch (erhebliche) Investitionen hergestellt werden kann? Wie hoch wären die zu erwartenden Mieteinnahmen? Und: Ist der Bewohner verpflichtet, dies nachzuweisen? Zu all dem liegt eine Entscheidung des Landesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht vor, welche nicht veröffentlicht wurde und daher weitgehend unbekannt ist (5 R 142/23b LG Innsbruck vom 3.8.2023)“.
Wenn tatsächlich keine Einnahmen aus dem Fruchtgenussrecht erzielt werden, verlangt das Land Tirol vom Heimbewohner immer wieder die Vorlage eines Sachverständigengutachtens zur Höhe der möglichen Mieteinnahmen bzw. zum Nachweis, dass die Vermietung – etwa aufgrund des Zustandes des Gebäudes – nicht möglich ist und eine Aussichtslosigkeit bzw. Unzumutbarkeit zur Erzielung von Einkünften vorliegt.
Aus der Entscheidung des LG Innsbruck vom 3.8.2023 ergibt sich, dass eine Ablehnung nur aus diesem Grund unzulässig ist.
Wann ist von einer Aussichtslosigkeit oder Unzumutbarkeit zur Erzielung von Einkünften auszugehen?
Aus der Entscheidung des LG Innsbruck ergibt sich dazu, dass die persönliche Situation des Heimbewohners für die rechtliche Beurteilung nicht relevant ist. Dennoch muss er sich gehörig darum bemühen, Einnahmen aus dem Fruchtgenussrecht zu erzielen. Eine Aussichtslosigkeit oder Unzumutbarkeit zur Erzielung von Einkünften liegt in der Praxis jedoch dann vor, wenn die Liegenschaft aufgrund des baulichen Zustandes nicht vermietbar ist oder der Heimbewohner zunächst erhebliche Investitionen tätigen müsste, um die Vermietbarkeit herzustellen. Zum Nachweis dafür muss der Heimbewohner dem Land Tirol aber nicht unbedingt ein Sachverständigengutachten vorlegen.
„Die gesamte obige Problematik lässt sich durch eine fachkundige Vertragsgestaltung vermeiden. Dabei ist es regelmäßig sinnvoll zu vereinbaren, dass das Fruchtgenussrecht erlischt, wenn der Berechtigte bei touristischer Vermietung diese nicht mehr selbst ausüben kann, oder in sonstigen Fällen in stationäre Pflege aufgenommen wird“, so RA Mag. Markus Gredler (Rechtsanwälte Gredler/Oberlohr, Zell am Ziller), der als erfahrener Vertragsverfasser für die Errichtung von Verträgen gerne zur Verfügung steht.