„Ich bin zwar kein „Zeller Urgestein“, dennoch sollte Zell ab meinem 27sten Lebensjahr der Mittelpunkt meines langen Lebens sein!
Schon als Finkenberger Schüler war das Dorf Zell immer schon für mich das Zentrum des Tales. Im damaligen Unterrichtsfach Geographie und Heimatkunde, das heute in den Pflichtschulen leider weniger intensiv gelehrt wird, lernten wir alles Wichtige über die engere Heimat, die Dörfer und Berge unserer Heimat. Zuallererst über das Heimatdorf Finkenberg mit seinen einzelnen Weilern, dann über die Orte des Zillertales und ihren Besonderheiten. Die Tuxer und Zillertaler Alpen mit ihren Dreitausendern und zu guter Letzt über das Inntal mit seinen Seitentälern und den Städten am Inn.
Kernpunkt im Unterrichtsstoff „Heimatkunde“ war für mich immer der Ort Zell am Ziller als Zentrum des Tales. Geographisch die Verbindung über den Gerlospass ins Salzburgische und das 350 Jahre im Betrieb stehende Goldbergwerk am Fuß des Hainzenberges und dem Gerlosberg. Wie mir in der Finkenberger Schule gelehrt wurde, war Zell Sitz von verschiedenen Ämtern und Behörden und so für mich der Hauptort des Tales. Das Bezirksgericht mit Grundbuch für das ganze Tal, das Notariat, Sitz der Bundesforst- sowie der Bezirksforstinspektion. Sitz des damals einzigen Rechtsanwaltes und des Pflegeheimes und die einzige Hauptschule im ganzen Zillertal.
Am Ostermontag im Jahr 1955 habe ich meine liebe Frau „Rosa“ kennen gelernt und am 17. Oktober haben wir im Hainzenberger Kirchl, „Maria Rast“ geheiratet. Ein Häuschen in der Gaudergasse, das ihre Eltern sich im Jahr 1926 gebaut hatten, wurde mein neues Zuhause. Rosas zwei Brüder und eine Schwester waren schon lange aus dem Haus ausgezogen und ich sah sofort, dass hier ein Mann mit etwas handwerklichem Geschick dringend gebraucht wird. Meine Schwiegermutter war mit mir als Schwiegersohn mehr als einverstanden und so fiel mir die Eingewöhnung in Zell nicht schwer.
Schon bei meinem ersten Besuch des Sonntagsgottesdienstes in der Dekanats-Pfarrkirche faszinierte mich der „Dom des Zillertales“ und ist für mich nach wie vor ein echtes Wahrzeichen für den Ort Zell. Nach der sonntäglichen Pflicht lud mich mein Arbeitskollege, der „Huber Karl“, ins Gasthaus zum „Nogler,“ heute das Schulhotel „Zellerhof“, zum Frühschoppen ein.
Mein Bekanntenkreis wurde schnell größer. Bei der Finkenberger Feuerwehr war ich schon Gruppenkommandant und so war es naheliegend, dass ich mit der Zeller Feuerwehr Kontakt aufnahm. Diesem Beitritt folgte der Beitritt zur Schützenkompanie, dem Wintersportverein und meine politische Einstellung wurde auch alsbald bekannt. Im Herbst 1961 trat ich der damalige Ortspartei bei, deren Obmann “Tuscher Hansl“ als Gemeinde-Vorstandsmitglied und Listenführer der Liste SPÖ Zell bekannt war. Bei den im Frühjahr 1962 anstehenden Gemeinderatswahlen kandidierte ich auf seiner Liste. Vier Mandate war die erfreuliche Bilanz. Nachdem Hans Oberlechner nach Innsbruck übersiedelte, wurde ich sein Nachfolger und bei den nächsten Wahlen 1968 konnten wir, mit mir als Listenführer, die vier Mandate halten. Für mich, ein großer Erfolg.
Mittlerweile als „VEREINSMEIER“ bekannt, kann ich auf eine sehr lange Vereinsgeschichte zurückblicken. Neben den 35 Jahren als Mitglied des Gemeinderates und zwei Jahrzehnte als Obmann der SPÖ-Ortsgruppe Zell stehen noch einige Stationen in meiner politischen Vita. Einige Perioden Bezirks-Vorstandsmitglied der SPÖ-Schwaz, ebenso lange Mitglied des Landes-Parteivorstandes. Vom Gemeinderat delegiert in den Ausschuss des Tourismusverbandes Zell. Vereinstechnisch war ich zehn Jahre Kommandant-Stellvertreter und weitere zehn Jahre Kommandant der Freiwilligen Feuerwehr von Zell und den vier Berggemeinden, Mitglied im Ausschuss der Schützenkompanie Zell und seit Gründung des Sportclubs Zell im Jahr 1965 Funktionär. Als Kassaprüfer hatte ich beim Sportclub Zell begonnen, danach Kassier, Schriftführer und fast zwei Jahrzehnte als Obmann.
22 Jahre, bis zur schweren Erkrankung meiner lieben Frau, war ich Obmann des Pensionistenverbandes Zell und Umgebung. Alle diese Vereinstätigkeiten haben neben vielen Freuden auch oftmals Ärger bereitet. Die dankbarste Tätigkeit in meiner langen Zeit als Funktionär war die Betreuung der älteren Menschen vom Pensionistenverbandes. Hilfsbedürftigen Menschen zu helfen, war für mich immer eine Herzensangelegenheit. Mit allen möglichen Anliegen kamen Mitmenschen zu mir, auch solche, zu denen ich eigentlich gar keine engere Beziehung hatte.
Oftmals habe ich mich gefragt: Hättest du dich nicht besser mehr um die Familie gekümmert, oder dir nebenbei eine Beschäftigung gesucht, die dir finanziell was gebracht hätte? Aber was solls, ein alter Spruch besagt: „Niemand kann aus seiner eigenen Haut heraus“. Auszeichnungen, Ehrungen und Urkunden, die mir sicher auch Freude bereitet haben, war der Lohn der tausenden Stunden im Dienste der „Allgemeinheit“.
Die schwere Erkrankung meiner lieben „Rosa“ hat meinem Leben dann eine entscheidende Wende gegeben. In den sechs Jahren wo ich sie als „Vollpflegefall“ zu Hause betreute, habe ich die „Nähe zum Herrgott“ dankenswerter Weise schätzen gelernt. Er hat mir immer wieder die Kraft geschenkt, das schwere Schicksal zu tragen. Der Rosa ihre ganze Liebe galt den Bergen, Wild beobachten und ihren Blumen. Nach dem schweren Schlaganfall war ihre körperliche Einschränkung massiv, aber der Geisteszustand hat „Gott sei Dank“ nicht gelitten. Im Mai 2009 habe ich ein Invalidenfahrzeug gekauft, in dem ich Rosa im Rollstuhl überall hinfahren konnte, besonders in die Nähe ihrer geliebten Berge. Vor sieben Jahren hat sie der Herrgott zu sich heimgeholt hat und ich wünsche mir heute noch dass sie trotz ihres schweren Leidens, bei mir wäre.
Sepp Rauch aus Zell
Ein „Vereinsmeier“ blickt zurück
Erinnerungen von Sepp Rauch an seine „Zeller Zeit“
Mittwoch, 30. März 2022
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